Suchbilder - 2004


Vier Bildtafeln, Autolack auf Aludibond, jeweils 300 x 440 cm
Jugendstrafanstalt Wrietzen, Eingeladener Wettbewerb, 1. Preis, realisiert 2004

Suchbilder

Suchbilder

Vier Fassaden der am Anger stehenden Gebäude werden mit jeweils ca. 3 x 4,40 Meter großen Siebdrucken bespielt. Diese werden mit lichtechten Farben auf Aludibond gedruckt, an den Seiten optisch verstärkt und in einem geringem Abstand vor die Fassaden gehängt.
Die Siebdrucke zeigen so genannte Vexierbilder, d.h. Versteckbilder, die den Betrachter auffordern, bestimmte Personen im Bild zu suchen. Die Wahl der Motive erfolgt in Bezug auf den Ort, die Jugendstrafanstalt. So gilt es den Pförtner zu finden, den Friedenstifter, den Eifersüchtigen und die Gerettete.
Die Zuordnung der Bilder zu den einzelnen Gebäuden geschieht unter lockerer Bezugnahme zu den Funktionen der jeweiligen Gebäude, so hängt die „Gerettete“ am Krankenhaus, der „Pförtner“ am Verwaltungsgebäude mit Besucherfunktion usw.
Suchbilder fordern heraus, weil sie zunächst so einfach erscheinen und dennoch heißt vexare lat. quälen, necken, foppen.
Hinter dem scheinbar Einfachen lauert das Versteckte, das in einer Mischung aus Vergnügen und selbstquälerischer Entdeckungsfreude aufgedeckt werden will.
Erst nach überwindung eingeschliffener Sehgewohnheiten wird das Gesuchte erkennbar, ein Moment der Freude am Erlebnis der Fähigkeit des optischen Umschaltens, des Anders-Sehen-Könnens stellt sich ein.
Für mich ist das Phänomen des Vexierbildes eine schöne Parabel für das menschliche In-der-Welt-Sein: Das Mehr-Sehen im Alltäglichen färbt das Leben ein, das Spüren von Befangenheiten und die Auflösung (visueller) Blockaden rhythmisieren es.
Die Idee zu den Suchbildern entstand aufgrund meiner Vorstellungen von der Beschaffenheit einer Haftzeit. In den Vordergrund traten dabei - bei aller Information über den geregelten Arbeits - und Therapiealltag eines Häftlings - überlegungen von Zeit-Haben und Lange-auf-einen-Punkt-sehen, in der Hoffnung auf die Einstellung einer Veränderung.
Die gewählten Motive sind so beschaffen, dass sie vordergründig zunächst spielerisch zum Suchen der genannten Personen auffordern. Die Motive und Fragen aber können tiefgründiger und ambivalenter, auch sehr widersprüchlich, gelesen werden. So denkt man bei einem Liebespaar vielleicht normalerweise nicht gleich an die Kehrseite, die Eifersucht, und eine Gerettete hätte möglicherweise einen fröhlicheren Retter zur Folge. Vielleicht wurde die Gerettete aber auch gar nicht gerettet, da sie ihrerseits nicht gerade lebendig aussieht, der Friedenstifter erhebt also selber die Faust oder ist er doch ein besonnener wenn auch energischer Schlichter? Warum fragt eine luftig gekleidete Frau nach einem Pförtner und wer hat die Mauer besprüht?
Das Rätselraten ist eine der ältesten Unterhaltungsformen, die immer mit geistiger Bewegung zu tun hat. Versteckbilder waren besonders im 19. Jahrhundert sehr beliebt und wurden in Zeitschriften oder Büchern veröffentlicht. Heute sind sie, wohl nicht zuletzt aus einem anderen Umgang mit Zeit, kaum noch gefragt. Allerdings hatten auch Versteckbilder bereits den Charakter des Flüchtigen: man enträtselte und blätterte weiter im Heft, die Süchtigen bereits gierig suchend nach neuen Motiven.
In meinem Entwurf bleiben die Bilder auch nach dem Auffinden der gesuchten Personen hängen und werden (zwangsläufig) zum erneuten Hinsehen und Lesen verleiten. Immer wieder neu und Jedem anders können sie zu Projektionsflächen unterschiedlicher Geschichten werden.

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